Erfahrung ist (fast) alles! Auch beim Dosieren.

Das Bauteil steht, die Produktionsprozesse sind aufeinander abgestimmt, start of production – doch das Ergebnis: Mangelhaft. Das Problem: der Dosiervorgang.

Die Dosierraupe ist unterbrochen, die applizierte Menge ist nicht korrekt, es gibt Abweichungen in der Kontur oder Blasen im Material. Der Grund hierfür? Um einen optimal auf das Projekt zugeschnittenen Dosierprozess zu entwickeln, gehört mehr als nur eine Dosieranlage mit den passenden Parametern „hinzustellen“. Erfahrung und Wissen sind hier unersetzbar.

Effiziente, angepasste Klebe- und Vergussprozesse haben einen hohen Einfluss auf die nachhaltige Funktion elektronischer Bauteile. Schon kleinste Abweichungen oder Inhomogenitäten beim Dosieren und Vergießen können die Qualität und Lebensdauer der Komponenten erheblich beeinträchtigen. Und wer möchte bei einer Autobatterie schon ein Risiko eingehen. Bei einem Flugtaxi? Bei Sensoren für autonomes Fahren? Oder gar bei einem Herzschrittmacher? Ausfälle bedeuten hier nicht nur hohe Kosten, sie schaden der Reputation und vor allem: sie können Menschenleben gefährden.

Leiterplatte mit punktgenau dosierten Wärmeleitmaterial
Kleben | Qualitätssicherung
Rainer Haslauer, Leiter Scheugenpflug Academy
Rainer Haslauer
Academy

Mit fast 20 Jahren Erfahrung in der Dosierbranche bringt Rainer Haslauer jede Menge Erfahrung als Trainer in die Academy ein. Mit seiner Leidenschaft für lebenslanges Lernen und Wissenstransfer widmet er sich der Aufgabe, wertvolle Fachkenntnisse sowohl mit unseren Kunden als auch mit den Mitarbeitern von Atlas Copco zu teilen.

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Was gibt es also zu beachten?

Natürlich die Klassiker wie, welches Applikationsverfahren überhaupt, geht es um Wärmeableitung, um Füllverguss, um eine Dichtungskontur oder das Versiegeln von Leiterplatten. Oder welches Bauteil, welches Material – soweit klar. Klingt wie ein einfaches Baukastensystem, aus dem ich mir Schritt für Schritt etwas zusammensetzen kann. Doch es geht um wesentlich mehr. Es geht vor allem darum, den gesamten Prozess von der Vorbereitung und Vorbehandlung bis zur Inspektion sicher zu beherrschen. Denn wenn es ans Dosieren geht, sind bereits viele Produktionsschritte erfolgt. Fehler in diesem Schritt gefährden das gesamte Produktionsergebnis.

Die wahre Kunst eines Dosierprozesses besteht darin, auch den Zeitraum vor dem Kleben und Vergießen zu berücksichtigen.

Multi-Nozzle Dosierer mit Vakuumkammer für blasenfreien Verguss
DAS BAUTEIL & DER LOGISTIKFAKTOR

35 Grad im Sommer in einer Produktion in Mexiko oder minus 10 Grad im Winter vor der Lagerhalle in Oslo? Feuchtigkeit, Staub und Dreck durch geöffnete Verpackungen? Bauteile sind auf ihrem Transportweg oft den unterschiedlichsten Umwelteinflüssen ausgesetzt. Diese Logistik zu bedenken ist unglaublich wichtig. Denn Temperaturschwankungen und Oberflächenveränderungen können zu veränderten Toleranzen führen und für immense Herausforderungen im Dosiervorgang sorgen.

DAS DOSIERMATERIAL

Der richtige „Stoff“ – das passende Dosiermaterial für eine Kleb- und Vergussaufgabe zu finden ist bereits eine Herausforderung, das saubere Handling noch einmal eine andere: Wie verhält sich der Klebstoff oder die Vergussmasse bei Temperaturschwankungen oder Alterung? Verändert sich die Viskosität? Wie stark ist die Sedimentation und die Gefahr von Ablagerungen? Wie begrenzt ist die Verarbeitungszeit?

Dies alles in Kombination zueinander zu setzen, ist ein hochkomplexer Prozess. Also beispielsweise kaltes Material trifft auf warmes Bauteil. Kondensiert es? Muss ich vortrocknen? Wenn dies erst beim Dosiervorgang selbst auffällt, ist es zu spät. Deshalb: vorausplanen und beispielsweise Labore nutzen, die realitätsnahe Testsituationen herstellen.  Aber: Sie selbst müssen Ihre Bedingungen kennen, der erfahrene Berater kann Ihnen dann die dafür beste Lösung zusammenstellen.

Mitarbeiter bei der Qualitätskontrolle mit Inline-Inspektion durch RTVision
FAKTOR PERSONAL UND USABILITY

Wussten Sie, dass in der Medizintechnik und im Schienenverkehr nur ausgebildete Fachleute einen Klebprozess übernehmen dürfen? Mit dem Ergebnis einer geringeren Ausschussquote in der Produktion. Das gilt auch für 100% vollautomatisierte Anlagen. Denn trotz aller Automatisierung – der Faktor Mensch wird immer bleiben. Zusätzlich ist es wichtig, die Arbeitsschritte an den Anlagen möglichst einfach und sicher zu gestalten. Step-by-Step-Guides, die quittiert werden müssen, die Nutzung von Scannern oder Farbsensoren oder beispielsweise „Poka-Yoke“ reduzieren Fehler und Materialverschwendung.

Aus „Kreislaufwirtschaft und Klebetechnik. Eine Studie des Fraunhofer IFAM:

„Heutige Klebstoffe sind Hightech-Produkte und ermöglichen in der Regel eine Null-Fehler-Produktion. Jedoch kommt es immer noch zu Klebfehlern, die zu über 90 % auf Anwendungsfehler zurückzuführen sind. Genau diesen Widerspruch nehmen die u.g. klebtechnischen Qualitätssicherungsnormen auf: Wenn der wesentliche Grund nicht Klebstofffehler sondern Anwendungsfehler sind, muss im Bereich der Anwendung nachgebessert werden. [...]“

Quelle

WARTUNG

Es geht weiter: Sie haben die optimale Dosierlösung für Ihr Projekt gefunden. Die Produktion läuft, Ihre Bauteile sind perfekt. Flugtaxi und Herzschrittmacher funktionieren reibungslos. Unser Tipp: Machen Sie doch mal eine Pause! Eine Pause? Jetzt? JA, und pflegen Sie Ihre Dosiersysteme. Eine regelmäßige Wartung ist unabdingbar. Gerade nach besonderen Phasen, bei denen unter Volllast gefahren wurde oder die Betriebszeiten sich ändern.

Bauteil nach Dosierprozess in der Sichtprüfung
Erfahrung und Know-How als Schlüssel für den Dosierprozess

Am Ende kommen wir immer zu dem Ergebnis, dass es die Erfahrung ausmacht. Erfahrung ist die Königsdisziplin des Dosierens.

Nicht immer funktioniert in der Praxis exakt das, was in der Theorie berechnet wurde. Seien Sie sich bewusst, dass Dosieren ein hoch komplexer Vorgang ist. Hinterfragen Sie Ihre Prozesse immer und immer wieder. Holen Sie Ihre Partner ins Team und fordern Sie sie. Es lässt sich immer etwas optimieren. IMMER.

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